Chordirektor Helmut Buß legt nach 67 Jahren
Dirigententätigkeit den Taktstock aus der Hand

WEICKARTSHAIN (eg). Es war das Jahr 1948, als Dorfschullehrer und Chorleiter Erich Brück plötzlich sein Dirigentenamt des 1919 gegründeten Männergesangvereins Weickartshain niederlegte. Wie dem Protokoll der Vereinsversammlung vom 4. Juli 1948 zu entnehmen ist, wurde die Suche nach einem neuen Dirigenten vom Vereinsvorsitzenden Willi Eckl zur Debatte gestellt. Er habe inzwischen mit einem Herrn Buß aus Grünberg Rücksprache genommen, der die Musikschule hinter sich hat und zur Zeit eine Dirigentenschulung mache. Der Vorsitzende schlägt vor, mit diesem Herrn einen Versuch zu machen, derart, dass er die Singstunden und Einübung der zwei auf dem Liedertag am 24. Oktober 1948 in Atzenhain vorzutragenden Chöre übernimmt. Von dem Erfolg dieses Auftretens sollen die Vereinbarungen mit dem neuen Dirigenten abhängig gemacht werden. Wie das Protokoll weiter zu berichten weiß, sei der Liedertag jedoch wegen Maul- und Klauenseuche nach Freienseen verlegt worden. Er muss jedoch für die Weickartshainer Sänger erfolgreich verlaufen sein, denn die Dirigentenfrage kam nicht mehr auf die Tagesordnung.

Dieser Tage wurde Buß nach der letzten Singstunde im Bürgerhaus erhebend von „seinen“ inzwischen auf 13 Sänger dezimierten Chor verabschiedet. Natürlich erinnert sich der Chorleiter noch gut an die ersten Singstunden, wie er als junger Musikstudent stets mit dem Fahrrad und der Geige auf dem Rücken zu den Singstunden nach Weickartshain – und natürlich auch wieder zurück – radelte.

Und damit begann eine beispiellose, erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Chor und musikalischem Leiter, die 67 Jahre anhielt.

Bild: Vorsitzender Norbert Rahn (rechts) dankt dem Chorleiter (Bild: Golz)

Anlässlich seines 25-jährigen Chorleiterjubiläums in 1973 wurde Buß vom damaligen Vorsitzenden Albert Rohn sehr treffend beschrieben: „Als blutjunger Mensch übernahm Helmut Buß im Jahre 1948 den Männergesangverein Weickartshain als seinen ersten Chor. Die Sänger konnten sich damals noch kein Urteil über den „Anfänger“ Buß erlauben. Heute weiß jeder Sänger, dass vor ihm ein Meister seines Fachs steht, der mit seinen Chorgruppen – denn inzwischen sind noch einige hinzugekommen – bei zahlreichen Wertungs- und Pokalsingen, Wettstreiten und Bundeschorkonzerten bewiesen hat, dass er in der nahen und weiteren Umgebung zu den fähigsten Dirigenten zählt. Nach dem Motto „Ohne Fleiß kein Preis“ hat es Helmut Buß verstanden, in oft harter und anstrengender Probenarbeit das Können und die Leistungskraft des Männergesangvereins zu bilden“. Als Anerkennung überreichte der Verein dem Dirigenten ein Kaffeeservice (Wert: 200.00 DM).

Ein originelles Geschenk hatte sich der Verein zum 40-jährigen Dirigentenjubiläum ausgedacht. Wie dem Protokollbuch zu entnehmen ist, überreichte Vorsitzender Edmund Glapa dem musikalischen Leiter ein Fahrrad mit Fahrradkorb samt stärkendem Inhalt. Das Fahrrad sollte ihn an die ersten Jahre seines Wirkens erinnern, als er mit seinem Fahrrad und der Geige auf dem Rücken bei winterlichen Verhältnissen die Singstunde in Weickartshain besuchte.

Vorsitzender Norbert Rahn dankte nun in der „letzten Singstunde“ dem treuen Chorleiter für seine langjährige Tätigkeit beim Männergesangverein und überreichte dem 88-Jährigen ein Präsent und ein Erinnerungsfoto. Schriftführer Hans-Jürgen Leib überraschte mit einer aufwändigen Zusammenfassung wichtiger Protokolle, die im Zusammenhang mit Chorleiter Buß standen. Gar manches Schmunzeln und zustimmendes Kopfnicken begleiteten die Ausführungen.

Auch Buß dankte dem Verein für seine Disziplin und stellte fest: „Es hat Spaß gemacht, denn ihr ward immer nett zu mir“. Er denke noch gerne an die Zeit zurück, als er mit 21 Jahren seine erfolgreiche Chorleitertätigkeit in Weickartshain begann. Er riet den Sängern: „Einigkeit ist sehr wichtig, es gibt nichts Gesünderes als Singen!“ Bevor er sich von den Sängern verabschiedete, wünschte er dem Verein viel Erfolg und machte ihnen Mut: „Singt fleißig weiter, sucht neue Sänger“. Mit Weihnachtsliedern klang der Abschiedsabend in gemütlicher Runde aus. Im neuen Jahr wird Christina Scharmann, die bereits das Mandolinenorchester „Gut Klang“ Weickartshain leitet, kommissarisch den Chor übernehmen.

Zum 40-jährigen Dirigentenjubiläum überreichte der damalige Vorsitzende Edmund Glapa dem Dirigenten als originelles Geschenk ein Fahrrad mit Fahrradkob samt stärkendem Inhalt (Bild: Golz